Wenige Wochen nach einer der schlimmsten Niederlagen, die wir bei einer Bundestagswahl als Union jemals einstecken mussten, ist die Stimmung in unserer Partei seltsam angespannt. Alle wissen, dass etwas passieren muss. Alle wissen, dass es um die Frage geht, ob die CDU ihren Weg nach unten fortsetzt oder die Wende nach oben schafft. Es geht um nicht weniger als die Zukunft der CDU als Volkspartei. Um unsere Partei jetzt wiederzubeleben, müssen wir fünf Punkte beherzigen.
Erstens: Wir müssen als Partei Charakter zeigen!
Die Union hat sich in den letzten Monaten als zerrissen dargestellt. Zunehmend hatte man das Gefühl, dass der politische Gegner nicht bei anderen Parteien, sondern in den eigenen
Reihen sitzt. Natürlich gibt es Meinungsunterschiede in einer so großen Parteienfamilie. Und diese muss es auch geben, damit wir am Ende Lösungen präsentieren können, die weite
Teile unserer Gesellschaft ansprechen. Solche Lösungen müssen hart erarbeitet werden. Das aber geht nur, wenn wir uns mit Anstand und Respekt begegnen. Nicht nur bei Menschen
erkennt man den wahren Charakter in schlechten Zeiten, sondern auch bei Parteien.
Zweitens: Wir dürfen uns nicht selbst überfordern!
Wir werden uns inhaltlich einem längeren Aufarbeitungsprozess
unterziehen müssen. Wir haben fraglos mit dem christlichen Menschenbild und der Sozialen Marktwirtschaft das richtige Wertefundament. Aber viele konkrete Positionen, die daraus
erwachsen, müssen neu erarbeitet werden. Das ist kein Prozess von Tagen, Wochen oder Monaten. Dieser Prozess wird länger dauern, vielleicht sogar ein bis zwei Jahre. Aber wir
sollten uns diese Zeit unbedingt nehmen, um die Partei nicht zu überfordern.
Drittens: Wir müssen wieder Mitglieder-Partei werden!
Unsere Partei befindet sich in einer so kritischen, ja
existenziellen Phase, dass die Einbindung unserer Basis zwingend ist. Das gilt insbesondere für die Wahl des kommenden CDU-Vorsitzenden. Es gibt zweifelsohne auch gute
Gegenargumente. Aber in Zeiten wie diesen führt meines Erachtens an einer Mitgliederbefragung kein Weg vorbei. Es wäre das richtige Signal zur richtigen Zeit.
Viertens: Wir müssen wieder Programm-Partei werden!
Das funktioniert aber nur, wenn wir eine neue Debatten-Kultur zulassen. Entscheidungen, die nicht nur die Zukunft unseres Landes, sondern auch die DNA unserer Partei berühren,
müssen künftig wieder in der Partei diskutiert werden. Beispiel Wehrpflicht: Hier haben wir vor Jahren mit der Aussetzung eine Kehrtwende vollzogen. Sachlich mag diese berechtigt
gewesen sein, aber warum wurde nicht auf einem Parteitag darüber diskutiert? Warum hat man nicht die Chance genutzt, verschiedene Sichtweisen und neue Ideen einzubringen?
Vielleicht hätten wir dann heute statt der Wehrpflicht ein Gesellschaftsjahr.
Fünftens: Wir können stolz auf unsere Partei sein!
Natürlich ist in diesen Tagen Demut gefragt. Aber es gibt keinen Grund, in Sack und Asche zu gehen. Keine andere Partei hat unser Land so stark geprägt wie die Union. Übrigens zum
Teil gegen große Widerstände. Ludwig Erhard hat beispielsweise die Kartellgesetzgebung gegen die Interessen der Wirtschaft durchgedrückt. Auch die Westbindung, Nachrüstung oder
die Wiedervereinigung hat die Union trotz vieler Proteste durchgesetzt. Jedes Mal hatte die Union einen inneren Kompass, der ihr Stärke und Mut zum Durchhalten gegeben hat. Auf
diese Tugenden müssen wir uns wieder besinnen.
Die MIT ist jedenfalls dazu bereit, an diesem Erneuerungsprozess tatkräftig mitzuarbeiten. Wir wissen um den Schatz, der weiterhin in unserer Parteienfamilie schlummert. Lassen Sie ihn uns gemeinsam heben! Denn in einem bin ich mir sicher: Der Zeitpunkt wird schneller kommen als viele denken, an dem die Union wieder dringend benötigt wird. Als stabilisierende, integrierende und antreibende Kraft.
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